Auto online kaufen: Internethandel boomt

Ins Autohaus seines Vertrauens gehen, sich ausführlich und vielleicht mehrmals beraten lassen, eine Finanzierung vereinbaren und das Auto vor Ort kaufen – das war einmal. Das sagen jedenfalls die Zahlen des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK). Offenbar verlagert sich der Autohandel immer mehr ins Internet, eigentlich eine logische Entwicklung. Das bringt zwei Phänomene mit sich: Die einen Kunden brauchen im Autohaus gar keine ausführliche Beratung mehr, weil sie im Internet bereits recherchiert und verglichen haben. Andere wiederum holen sich die Beratung im Autohaus, um dann doch ihr Auto online zu kaufen – von sogenanntem „Beratungsdiebstahl“ ist die Rede.

Deutsche haben wieder mehr Autos gekauft

volvo-xc90

Immer weniger Kunden kaufen im Autohaus

Die Kfz-Branche hat im vergangenen Jahr eine positive Entwicklung durchlaufen. Nach Angabe des ZDK haben Händler und Werkstätten im Jahr 2015 einen Gesamtumsatz von 156,5 Milliarden Euro verzeichnet, eine Steigerung von 6,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Gebrauchtwagenhandel wuchs um 11,4 Prozent, der Neuwagenhandel um 4,5 Prozent. Auch in diesem Jahr werde sich die gute Entwicklung fortsetzen, prophezeit Jürgen Karpinski, der Chef des ZDK.

Strategie der Eigenzulassungen

Etwas differenzieren muss man bei der Kfz-Zulassung: Im Januar 2016 wurden 30,7 Prozent aller Fahrzeuge zum ersten Mal privat zugelassen. Dies geht aus den Zahlen des Center Automotive Research (CAR) der Uni Duisburg-Essen hervor. Höher ist die Zahl der sogenannten Eigenzulassungen der Hersteller und Händler, nämlich 35,1 Prozent. Mit einer solchen Eigenzulassung wird der Wagen quasi künstlich abgewertet und kann dann kurze Zeit später als junger Gebrauchtwagen auf den Markt gebracht werden. So drücken die Hersteller zwar die Preise, bringen aber mehr Masse auf den Markt, um so den Absatz zu erhöhen. Ein kleiner Nachteil für den Kunden: Er muss den Wagen so nehmen, wie er produziert wurde und kann ihn sich nicht aus dem Ausstattungs-Angebot individuell zusammenstellen. Für viele ist aber die Ersparnis wichtiger. Laut CAR stieg in den vergangenen Jahren die Zahl dieser Eigenzulassungen: Mittlerweile betrifft sie ein Drittel aller Fahrzeuge. Auf Platz 1 liegt laut „Handelsblatt“ in Deutschland der Autobauer Kia: 2015 ließ er 42,5 Prozent seiner Autos für einen kurzen Zeitraum auf Hersteller oder Händler zu.

Siehe auch  Auto leasen oder kaufen, was sich im Jahr 2023 lohnt

Kunden informieren sich im Netz

kfz-zulassung-online-einfach-von-zu-hause

Das sind zwar gute Zahlen, doch die Branche wandelt sich. Der Handel im Internet nimmt zu. Laut Ulrich Fromme, Vizechef des ZDK, seien Kunden früher fünf bis sechs Mal ins Autohaus gegangen, um sich ausführlich beraten zu lassen, bevor sie einen Vertrag abschlossen. Mittlerweile wären es im Durchschnitt 1,4 Besuche. Oftmals hätten die Besucher bereits ein genaues Bild über Modell und Ausstattung ihrer Wahl im Kopf und bräuchten deshalb keine weiteren Beratungsgespräche mehr. Auch über die Preise auf dem Automarkt seien Verbraucher dank des Internets genauestens informiert. Dadurch steigt aber auch der Druck auf die Autohändler.

Immer mehr Kunden kaufen im Internet

Die andere Seite: Mehr und mehr Kunden gehen gar nicht mehr ins Autohaus, weil sie ihr Auto online kaufen. Die Zahl der Händler hat bereits abgenommen: 18.000 Markenhändler gab es noch vor einem Jahrzehnt, so Fromme. Nun sind es nur noch etwa 7.800. Im Jahr 2020 werde es noch rund 4.500 Händler geben. So geht es nicht nur der Kfz-Branche, der Online-Boom betrifft nahezu die gesamte Wirtschaft. Handelt es sich also um eine nicht aufzuhaltende und ganz natürliche Entwicklung? Nein, meint Fromme, mithilfe des Internets und attraktiven Online-Angeboten könne man Kunden durchaus wieder vermehrt in die Autohäuser locken. Momentan läuft es allerdings noch andersherum.

Siehe auch  Kfz-Zulassung online durchführen

Beratung beim Händler, dann Auto online kaufen

Beratungsdiebstahl im Autohandel

Viele nehmen die Beratung vor Ort in Anspruch und kaufen das Auto dann günstig im Internet.

Viele potenzielle Käufer gehen ins Autohaus und lassen sich dort von einem kompetenten Händler beraten. Zum Vor-Ort-Service gehören dann auch Probefahrten. Anschließend gehen sie online und bestellen das Wunschauto beim günstigsten Anbieter. Dieses Phänomen erstreckt sich auch auf viele andere Branchen und wird vom ZDK-Chef Jürgen Karpinski als „Beratungsdiebstahl“ bezeichnet. Besonders problematisch beim Online-Kauf ist folgende Methode: Bestimmte Online-Vermittler stellen billige Angebote ins Internet, nennen aber den liefernden Händler dazu nicht. Erst wenn der Kunde den Vertrag unterzeichnet, erfährt er, welches Autohaus im Falle einer Reklamation für ihn zuständig wäre. Dieses kann dann im schlimmsten Fall Hunderte Kilometer entfernt liegen – nicht gerade kundenfreundlich.

Online-Billighändler bleiben anonym

Ein Phänomen, das dem ZDK und den etablierten Autohäusern ein Dorn im Auge ist, sind die anonymen Billighändler im Internet. Sie erwerben Autos in großen Stückzahlen und verkaufen sie mit deutlichem Gewinn an die Kunden weiter. Das geht nur, weil sie ohne Angabe von Standort und Namen im Netz auftreten. Einige Hersteller, darunter Ford und Opel, hatten 2014 einen Boykott beschlossen, der allerdings vom Bundeskartellamt Ende des vergangenen Jahres abgewiesen wurde. Weitere Gespräche mit dem Amt würden aber folgen, versichert Fromme.

3 thoughts on “Auto online kaufen: Internethandel boomt

  1. Neeltje

    Interessant, dass der Gebrauchtwagenhandel in den letzten Jahren so stark zugenommen hat. Ich denke darüber nach mir einen KIA Gebrauchtwagen zu kaufen. Vielleicht werde ich auch mal online nachsehen.

    Antworten
  2. Nora

    Ich bin sicher, dass Internet schon viele Bereiche geändert und begrenzt hat, aber ich denke, dass viele Unternehmen das riesige Potenzial von Internet noch nicht völlig ausnutzen. Ich glaube, dass Digitalisierung ein wichtiges Instrument für Autohäuser sein kann. Für mich eine persönliche Beratung ist notwendig, insbesondere wenn es Autos betrifft.

    Antworten
  3. Mario Schwarz

    Unglaublich, dass die Anzahl der Markenhändler von 18.000 auf 4.500 gesunken ist. Ich bevorzuge eine Beratung, einen Kauf oder einen Verkauf eher in einem Autohaus, weil ich damit stets gute Erfahrung gemacht habe. Weil ich mir ein neues Auto in Regensburg kaufen will, suche ich noch nach einem erfahrenen Autohaus in meiner Umgebung.

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert