Entscheidend ist, was hinten rauskommt! Diesel-Motoren schmutziger als gedacht!

Helmut Kohl gilt nicht als der größte Redner, doch ein Spruch, der passt momentan wie die Faust aufs Auge: „Entscheidend ist, was hinten rauskommt“. Helmut Kohl sagte diesen Satz während einer Pressekonferenz am 31. August 1984. Anfang der 80er Jahre. Die Älteren werden sich erinnern: Smog-Alarm im Ruhrgebiet! Der Dreck kam aus den Endtöpfen, aus den Kaminen und den Schloten der Unternehmen aus dem Pott. In den 80er Jahren hat man angefangen „sauberer zu werden“ – doch wie sauber sind wir heute?

Moderne Diesel-Pkw überschreiten die EU-Grenzwerte für gesundheitsschädliche Stickoxide um ein Vielfaches.

Das der Diesel-Motor an sich nicht der sauberste ist, das war bekannt. Doch selbst die modernsten Motoren und somit auch die modernen Diesel-PKW, überschreiten die EU-Grenzwerte (z.B. für Stickoxide, welche besonders gesundheitsschädlich sind) um ein vielfaches.

Das Umweltbundesamt hat Tests und Berechnungen in Auftrag gegeben und die Ergebnisse sind erschreckend: Euro-6-Diesel stoßen im Schnitt über 500 Milligramm Stickoxide pro Kilometer aus. Der Grenzwert, laut EU6-Norm, liegt bei 80 Milligramm!

Doch wie kommt es zu diesen Werten? Die EU6-Norm muss derzeitig unter Laborbedingungen erfüllt werden. Die EU6-Norm gilt seit 09/2015 für alle PKW die neu auf den Markt kommen. Wie gesagt, bisher nur im Labor.

Ab 09/2017 wird es spannend, denn dann werden die Unterschiede sichtbar. Ab September diesen Jahres geht es für die Testfahrzeuge auch auf die Straße. Im sogenannten „Real Driving Emissons“ Prüfverfahren müssen die Fahrzeuge zeigen, wie sauber sie in der Realität sind. Man muss keine Glaskugel haben um bereits jetzt schon zu wissen, dass vor allem an kühlen Tagen die Stickoxid-Werte um ein vielfaches ansteigen werden.

Man kann den Testversuch ähnlich bewerten wie den NEFZ-Wert und den WLTP-Wert. Die Werte werden steigen und somit etwas realistischer werden. Die Grenzwerte müssen auch steigen, denn die Laborwerte kann man auf der Straße, im Straßenverkehr, bei verschiedenen topografischen Bedingungen (vermutlich) gar nicht erreichen.

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Doch wie sieht es aus? Wie schmutzig sind die Diesel-Fahrzeuge die auf unseren Straßen unterwegs sind? Bislang dachte das Umweltbundesamt, dass die Fahrzeuge im Schnitt 575 Milligramm NOx pro Kilometer in die Luft blasen. Im Durchschnitt seien es nun im Jahr 2016 aber 767 Milligramm gewesen. Ich erinnere noch einmal an den EU6-Norm Grenzwert, der liegt (unter Laborbedinungen, zum derzeitigen Zeitpunkt) bei 80 Milligramm!

Hier die genauen Messergebnisse:

Am schmutzigsten sind unter Berücksichtigung dieses Temperatureffektes Euro-5-Diesel-PKW; sie liegen bei durchschnittlich 906 mg NOx/km (403 Prozent über dem Grenzwert von 180 mg NOx/km). Bei Euro 4 sind es durchschnittlich 674 mg NOx/km (+170 Prozent, Grenzwert: 250), bei modernen, aktuell zugelassenen Euro-6-Diesel-Pkw ohne verbindlichen „RDE-Straßentest (RDE = Real Driving Emissions)“ bei der Zulassung im Mittel 507 mg NOx/km (+534 Prozent, Grenzwert: 80).

Die Grenzwerte gelten, das möchte ich noch einmal betonen, für Tests im Labor, zu Laborbedingungen.

Wie kommt dieser hohe Wert und vor allem die Abweichung zu stande? Das Umweltbundesamt ließ 25 Diesel-PKW der Euro-6 Norm und weitere Fahrzeuge der Euro-5 Norm überprüfen. Verschiedene Modelle vom Kleinwagen bis zum SUV. Die Werte sind allerdings nicht repräsentativ, da das Umweltbundesamt eigene Testkrieterien entwickelt hat. Sicherlich realistischer, sicherlich unerfreulich, aber kein Ausblick auf die Werte die im EU-weiten RDE-Straßentest erwartet werden.

Man weiß beim Bundesumweltamt allerdings auch, dass die neuen Werte keinen Einfluss auf die aktuelle Situation der Luftqualität haben. Sie würden aber Rückschlüsse auf die Wirkung von Gegenmaßnahmen zulassen. Das Ziel ist klar, UBA-Präsidentin Maria Krautzberger bestätigt dieses noch einmal:

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Die Luft in den Städten muss sauber werden. Ich sehe hier ganz klar die Autoindustrie in der Verantwortung, die eine Lösung anbieten muss, welche Verbraucherinnen und Verbraucher nicht belastet.

Doch was erwartet uns da beim diesem RDE-Straßentest?

Der verpflichtende RDE-Test startet, wie oben schon erwähnt, am 1. September 2017. Ab diesem Tag müssen neue Pkw-Typen im Rahmen der Typprüfung, die RDE-Vorgaben zwingend erfüllen.

Hier gibt es also Schlupflöcher für die Hersteller, die diese definitiv ausnutzen werden. Der Test ist nur für neue Fahrzeugmodelle, sprich Modelle die eine neue Typzulassung erlangen wollen, verpflichtend. Facelifts haben in der Regel die gleiche Typkennzeichnungen und müssen den RDE-Test, zum derzeitigen Zeitpunkt, nicht fahren.
Beim RDE-Test misst man die Emissionswerte von Partikeln und Stickoxiden im Realverkehr.

Der Verbrauch wird übrigens weiterhin auf dem Rollen-Prüfstand ermittelt, doch das wird sich in Zukunft sicherlich auch noch ändern. Aktuell sind bei beiden Punkten aber noch viele Fragen offen. Wie sieht es mit der Vergleichbarkeit der Daten aus? Welche Einflüsse haben verschiedene Wetterverhältnisse, wie sieht es mit der jeweiligen Topografie und dem Verkehr aus? Beim RDE- und beim WLTP-Test macht das persönliche Fahrverhalten vom Tester sicherlich auch noch einiges aus. Die Zukunft bleibt also spannend und am Ende wird Helmut Kohl Recht behalten: „Entscheidend ist, was hinten rauskommt!“ und wer weiß, welche Normen demnächst eingehalten werden müssen um die begehrte Umweltplakette zu erhalten?

Quelle: Pressemitteilung Umweltbundesamt 25.04.2017

Und jetzt noch passend dazu: Wie auf dem Teststand die offiziellen Verbrauchswerte der Fahrzeuge ermittelt werden.

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