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Reichsbürgerbewegung nutzt offenbar eigene Kfz-Kennzeichen

Für die Polizei war es zunächst ein Routineeinsatz im bayerischen Trostberg: Sie wurde zu einem Supermarkt-Parkplatz gerufen, auf dem ein Fahrzeug mit merkwürdigem Nummernschild stand. Das Kennzeichen war grün, in weißer Schrift stand darauf „MENS-CH“, daneben befand sich ein QR-Code. Natürlich ist das kein für den Straßenverkehr zulässiges Kfz-Kennzeichen, weshalb man die Halterin zur Rede stellte. Die lieferte den Beamten eine interessante Begründung: Als Mitglied einer Untergruppe der Reichsbürgerbewegung weigere sie sich, ein reguläres Nummernschild anzubringen.

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Farbige Kennzeichen dürfen höchstens als Funschilder verwendet werden.

Als Reichsbürgerin reguläres Nummernschild verweigert

Die Dame erklärte, sie gehöre der „Heimatbund Gesellschaft“ Chiemgau an, die als ein Teil der sogenannten Reichsbürgerbewegung betrachtet werden kann. Die Gruppierung erkennt die Bundesrepublik Deutschland nicht als souveränen Staat an, sondern bezeichnet sie als Unternehmen. Vereinfacht gesagt: Da es nach dem Zweiten Weltkrieg keinen Friedensvertrag gegeben habe, sei Deutschland genau genommen noch alliiertes Besatzungsgebiet. Folglich müsse man auch Recht, Gesetz und staatliche Autoritäten in Deutschland nicht anerkennen. Die Vertreter der Reichsbürgerbewegung sehen sich nicht als deutsche Staatsbürger, sondern als „ideologiefreie, verantwortungsbewusste Menschen“ – daher auch die Nummernschild-Aufschrift. Ein Kfz-Kennzeichen, die Zulassung des Fahrzeugs und das Mitführen einer gültigen Fahrerlaubnis sowie eines Personalausweises sind damit in ihren Augen überflüssig. Dementsprechend hatte die Dame auf dem Trostberger Supermarkt-Parkplatz keines dieser Dokumente dabei. Die Beamten nahmen sie mit auf das Revier, wo ihre Identität ermittelt und Bußgelder für ihre Vergehen verhängt wurden. Um einer drohenden Haftstrafe zu entgehen, zahlte sie ihre Strafen und durfte gehen – natürlich nicht fahren. Nun hat sie ein Ermittlungsverfahren am Hals. Und sie ist kein Einzelfall.

Kennzeichen verkehrt herum anschrauben ist verboten

Schon Anfang Dezember 2015 zog die Polizei einen Autofahrer bei Bad Göllheim aus dem Verkehr, der sein Kfz-Kennzeichen falsch herum angeschraubt hatte, und zwar mit derselben Begründung: Auch er erzählte den Beamten von der Nichtexistenz der Bundesrepublik und wollte keine Papiere vorzeigen. Er hatte sich aber ein Ersatzdokument gebastelt: Einen Phantasiepass namens „deutscher Staatsangehörigenausweis“. Erst als die Beamten ihm die Weiterfahrt untersagen wollten, zog er einen Führerschein aus der Tasche und drehte sein Nummernschild um.

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Kennzeichen umdrehen ist verboten

Mitunter bekommen die Polizisten lächerliche Erklärungen zu hören. Ein anderer gestoppter Autofahrer eröffnete den Beamten in einer Verkehrskontrolle, das Wort „Personalausweis“ beinhalte ja das Wort „Personal“ – für ihn ein klarer Hinweis auf das Unternehmen „Deutschland GmbH“. Andere erzählen wiederum von der „Deutschland AG“, über die Unternehmensform ist man sich also offenbar noch nicht einig. Auch die Echtheit der Polizisten zweifelte der gewiefte Mitbürger an: Uniformen könne ja nun jeder leicht im Internet ersteigern.

Reichsbürgerbewegung verzichtet auf Einhaltung der StVO

Die Vertreter des Heimatbundes Chiemgau haben sich nun also offensichtlich für Protest mit grünen Kfz-Kennzeichen entschieden. Auf ihrer Webseite findet man ausschweifende Erklärungen, aus denen man allein schon wegen kryptischer Rechtschreibung und Grammatik nur mit Mühe schlau wird. Konsequenterweise fehlt auch das gesetzlich vorgeschriebene Impressum. Schlussendlich drängt sich doch der Verdacht auf, dass viele Anhänger der Reichsbürgerbewegung und ihrer diversen Untergruppen einfach gerne mal „dagegen“ sein wollen.

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Zufällig betrifft das oft auch Regelungen, die mit Geldzahlungen verbunden sind: Laut einem Bericht des Münchener Merkur trifft sich der Heimatbund Chiemgau alle zwei Wochen in einer Gaststätte, um sich darüber auszutauschen, mit welchen Tricks man GEZ oder Briefporto umgehen könnte. Zudem erklären sie ihre Grundstücke für unabhängige Territorien und weigern sich ihre Nachnamen zu benutzen, die sie als Rechtssubjekt der BRD ausweisen würden. Und selbstgemachte grüne Kennzeichen gehören nun offenbar auch zum Programm. Den betroffenen Polizeibeamten, aber auch dem Otto-Normal-Verbraucher stellt sich bei all dem die Frage: Woher nehmen sie all die Zeit dafür? Viel unkomplizierter wäre es doch, einfach eine Online-Kfz-Zulassung durchzuführen…