Wer glaubt, dass die Tacho-Manipulation bei neuen Fahrzeugen nicht mehr möglich ist, der irrt. Es reichen ein Minicomputer und eine Software, damit der Kilometerstand verändert werden kann. Auch wenn die Autohersteller diese Problematik kennen, haben sie bislang nichts getan, damit dem kriminellen Vorgehen ein Ende gesetzt wird. Die Tacho-Manipulation ist auch schon lange kein Kavaliersdelikt mehr. Es macht sehr wohl einen Unterschied, ob der Gebrauchtwagen mit 130.000 Kilometer verkauft wird oder ob auf dem Tacho die Zahl 35.000 steht. Binnen weniger Sekunden hat das Auto tatsächlich 95.000 Kilometer „eingespart“. Das funktioniert nicht nur bei den alten Tachometern, sondern auch bei den neuen digitalen Kilometeranzeigen.
Selbst neue Fahrzeuge können problemlos manipuliert werden
Wer glaubt, dass – wenn er einen relativ neuen Gebrauchtwagen kauft – sicher sein kann, dass es keine Tacho-Manipulation gab, ist auf dem Irrweg. Denn selbst bei einem Fahrzeug, das gerade einmal ein Baujahr 2012 oder 2013 ist, dauert es nur wenige Sekunden und die Kilometeranzahl wurde „korrigiert“. Der ADAC kennt schon seit Jahren dieses Problem und hat daher Geräte gesammelt, die im Rahmen der Tacho-Manipulation eingesetzt werden können. Im Internet gibt es noch immer zahlreiche Anbieter, welche die Geräte – ganz legal – verkaufen. Warum legal? Weil sogar das Bundesverfassungsgericht keinen Riegel vorschieben konnte. Denn auch wenn in Deutschland die Veränderung bzw. Verfälschung des Kilometerstandes verboten ist, ist jedoch die Bereitstellung von Geräten, die derartige kriminelle Machenschaften ermöglichen, legal. Vor allem deshalb, weil die Anbieter in ihren Produktbeschreibungen von der „Reparatur und Justierung der Wegstreckenzähler“ berichten. Und jene Tätigkeiten sind – auch wenn man weiß, dass die Geräte missbräuchlich zur Tacho-Manipulation genutzt werden – nicht strafbar. Eine Lücke im Gesetz, die sehr wohl von einigen Rechtsanwälten bereits heftig kritisiert wurde. Vergleichbar ist jene Entscheidung mit der Tatsache, dass zwar Navigationssysteme mit Radarwarnungen sowie Blitzer-Apps für die Smartphones verkauft werden dürfen, der Service jedoch nicht aktiviert werden darf.
Geräte zur Tacho-Manipulation können legal erworben werden
Diese Gesetzeslücken ärgern natürlich die Autofahrer. Der Grund liegt auf der Hand, wie bereits kurze Nachforschungen ergeben haben. Denn ein Golf VI, der gerade einmal fünf Jahre alt ist und eine Kilometerleistung von 160.000 aufweist, hat einen ungefähren Wert von 6.000 Euro. Wird der Kilometerstand jedoch manipuliert, sodass der Golf „nur 40.000 Kilometer“ Laufleistung anzeigt, liegt der Wert des Fahrzeuges bereits bei 11.000 Euro. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um den Kleinwagen oder gar ein Oberklasse-Fahrzeuge handelt; nur durch die Tacho-Manipulation kann der Wert des Gebrauchtwagens enorm in die Höhe getrieben werden. Ein Mercedes der S-Klasse, Baujahr 2010, weist mit 160.000 Kilometern Laufleistung einen Wert von 24.000 Euro auf. Damit der Fahrzeugwert auf 30.000 Euro gesteigert werden kann, muss die Kilometerleistung gerade einmal auf 80.000 Kilometer reduziert werden. Wird hingegen der Kilometerstand um 120.000 Kilometer reduziert, sodass nur noch eine Laufleistung von 40.000 Kilometern angezeigt wird, steigert sich der Wert des Fahrzeuges auf rund 33.000 Euro. Und leider sind es keine Einzelfälle. Denn die Polizei geht davon aus, dass in Deutschland jeder dritte Gebrauchtwagen manipuliert wurde. Pro Jahr werden etwa 7 Millionen Gebrauchtfahrzeuge zum Verkauf angeboten; der geschätzte Schaden beträgt pro Fahrzeug rund 3.000 Euro. Ein volkswirtschaftlicher Verlust von etwa 7 Milliarden Euro entspricht der Realität – und das Jahr für Jahr.
Tachomanipulationen sind ein lukratives Geschäft
Und natürlich sind derartige Manipulationen lukrativ. Für die „Dienstleistung“ erhält man von 50 bis 500 Euro, je nach Model und Aufwand. Und zwar „schwarz“ ohne Rechnung. Jahr für Jahr kann die Branche somit einen Gewinn von rund 300 Millionen Euro erzielen. Es geht auch nicht nur um den erhöhten Fahrzeugpreis; schlussendlich verpasst der neue Besitzer – auf Grund der falschen Kilometeranzeige – wichtige Service-Termine. So kann es schon vorkommen, dass etwa der Keilriemen reißt und der Motor zerstört wird. Die zu hohen Kosten für das Fahrzeug – in Verbindung mit den anstehenden Reparaturkosten – sorgen für eine enorm finanzielle Belastung beim Käufer. Schlussendlich denkt niemand daran, dass der Keilriemen bei 30.000 Kilometern reißen kann; bei 140.000 Kilometern sieht die Sache jedoch anders aus. Beispiele zeigen, dass solche Erlebnisse keine Hirngespinste sind, sondern tagtäglich zur Realität auf den Straßen Deutschlands werden.
Ein Händler kaufte auf einer Gebrauchtwagen-Aktionsbörse – Ende 2014 – einen 330xd BMW. Der Kilometerstand betrug rund 130.000 Kilometer. Nach dem Verkauf trat ein Motorschaden ein; BMW hat – auf Grund der geringen Laufleistung des Wagens – eine Reparatur (auf Kulanz) angeboten. Es hat sich jedoch im Laufe der Reparaturarbeiten herausgestellt, dass der Wagen bereits im Jahr 2012 – also zwei Jahre vor dem Verkauf – mit einer Laufleistung von 183.000 Kilometern in der Werkstatt war. Die Aktionsbörse hat nachgehakt und erfuhr, dass der BMW – drei Monate nach dem Werkstattbesuch – nur noch eine Laufleistung von 46.000 Kilometern aufwies. Der tatsächliche Kilometerstand brachte in weiterer Folge die Ernüchterung: 260.000 Kilometer. Somit war der richtige Kilometerstand doppelt so hoch wie angegeben. BMW hat in weiterer Folge die Kulanz abgelehnt; der Händler musste – im Rahmen der Gewährleistungspflicht – die anfallenden Kosten für den Motortausch aus der eigenen Tasche bezahlen.
Ob ein Gutachten im Vorfeld den Betrug aufgedeckt hätte? Experten gehen davon aus, dass das nicht möglich gewesen wäre. Schlussendlich würden den Gutachtern die notwendigen technischen Möglichkeiten fehlen. Nur der Hersteller könnte tatsächlich herausfinden, ob der Tacho manipuliert wurde oder nicht. Die einzige Frage, die sich die Experten immer wieder stellen ist jene, warum die Autohersteller noch nicht selbst gegen diese Fälle vorgehen. Denn schlussendlich sind es keine Einzelfälle, sondern immer wiederkehrende Berichte, die den Käufern teuer zu stehen kommen.
Fakt ist, dass die Hersteller in Wahrheit kein Interesse an einer gesteigerten Transparenz haben. Technische Möglichkeiten gäbe es sehr wohl. So verwenden die Autohersteller den HSM-Speicher, der das Fahrzeug vor etwaigem Chip-Tuning schützen soll. Die Module sind in der Art und Weise aufgebaut, dass die Daten, die einmal auf diesem Modul hinterlegt wurden, nicht nochmal überschrieben werden können. Eine Funktion, die sehr wohl auch gegen die Tacho-Korrektur vorgenommen werden könnte. Doch die Hersteller lehnen ab – warum, ist nicht bekannt. Schlussendlich würde diese Umrüstung einen Mehraufwand von lediglich 99 Cent pro Fahrzeug betragen.
Wie kann sich der Käufer sicher sein, dass der Tacho nicht manipuliert wurde?
Diese Situationen machen es nun mal notwendig, dass der Autokäufer die Tipps und Tricks beachtet, sodass er nicht ein Fahrzeug mit einem manipulierten Tacho erwirbt:
- Im Motorraum finden sich immer wieder Hinweise. Etwa, wie hoch der Kilometerstand war, wie der letzte Ölwechsel durchgeführt wurde. Natürlich wird der Profi die alten Zettel entfernen, dennoch gibt es auch immer wieder Tacho-Manipulierer, die auf die Details vergessen. Wer etwa alte Zettel finden, die sehr wohl belegen, dass die angegebene Laufleistung nicht stimmen kann, sollte die Finger von dem Fahrzeug lassen.
- Der Käufer sollte auch die Unterlagen auf ihre Vollständigkeit überprüfen. Gibt es ältere Kaufverträge, TÜV-Untersuchungen oder auch Werkstattrechnungen? Wenn ja, wird der Käufer hier sehr wohl Informationen über die Laufleistung erhalten. Bei lückenlosen Unterlagen kann man nicht nur davon ausgehen, dass alle notwendigen Reparaturen und Service-Überprüfungen durchgeführt wurden, sondern auch nachvollziehen, ob der Tachometer manipuliert wurde.
- Natürlich sind scheckheftgepflegte Fahrzeuge eine Spur teurer. Doch das mag auch seine Berechtigung haben. Der Verkäufer garantiert nämlich einen ordnungsgemäßen Umgang mit dem Fahrzeug, kann nachweisen, dass er alle Serviceüberprüfungen wahrgenommen hat und kann auch nachweisen, dass der Tacho nicht manipuliert wurde.
- Natürlich gibt es auch hier das Problem, dass im Internet bereits unseriöse Anbieter sogenannte „durchgestempelte“ Scheckhefte zum Verkauf anbieten. In jenen Heften müssen nur noch die notwendigen Daten (etwa das Datum sowie der Kilometerstand) eingetragen werden. Wer sicher gehen will, dass das Scheckheft „legal“ ist, sollte bei der Werkstatt nachfragen, die mitunter ihren Stempel bei der Serviceüberprüfung vermerkt hat.
- Das gute alte Bauchgefühl spielt ebenfalls eine tragende Rolle. Natürlich gibt es keine 100%-ige Garantie, dass das Fahrzeug einwandfrei ist und keine betrügerischen Maßnahmen gesetzt wurden, jedoch kann man – im Rahmen des Verkaufsgesprächs – durchaus einen Eindruck vom Verkäufer bekommen, der negativ oder auch positiv sein kann. Formulierungen wie „Kilometerstand wie abgelesen“ sollten jedoch Alarmglocken freisetzen; wer beim Autohändler bzw. Verkäufer unsicher ist, sollte lieber die Finger vom Gebrauchtwagen lassen.
Tacho-Manipulation >> Das Fazit
Natürlich handelt es sich bei einer Tacho-Manipulation um kein Kavaliersdelikt. Trotzdem ist jedes dritte Gebrauchtfahrzeug in Deutschland manipuliert. Doch warum gehen die Betrüger ein derartiges Risiko ein? Wohl deshalb, weil es ein lukratives Geschäft ist, das nur sehr schwer unterbunden werden kann. So gibt es Betrüger, die einen Mehrpreis – pro Fahrzeug – von oftmals 9.000 Euro erzielen. Und es sind auch keine düsteren Hinterzimmer notwendig, keine eigenen Werkstätten erforderlich oder gelernte Mechaniker, sondern gerade einmal 5000 Euro, für die man schon die notwendige Ausstattung erhält. Selbst ein Laie hat keine Probleme damit, wenn er den Tacho manipulieren möchte. Natürlich gäbe es die technischen Hilfsmittel, doch die Autohersteller weigern sich; sie wollen die Mehrkosten von HSM-Chips nicht tragen, wobei gerade einmal ein finanzieller Aufwand von 99 Cent bestehen würde. Und das Gesetz macht es den Betrügern nicht schwieriger; schlussendlich können die Produkte, die für die Tacho-Manipulation benötigt werden, legal aus dem Internet bestellt und sodann verwendet werden. Dies deshalb, da in der Produktbeschreibung angeführt wird, dass diese Hilfsmittel lediglich der „Reparatur und Justierung der Wegstreckenzähler“ dienen. Ein Schelm, der Böses denkt.
Man muss da schon sehr genau hinsehen und aufpassen. Wenn viele KM nach unten manipuliert wurden, dann kann man es auch noch am zustand des Autos erkennen. Da gibt es einige Indikatoren, die einen Hellhörig werden lassen können. Wenn man zweifel hat, dann lieber Finger weg.